.
Kirchengericht:Verwaltungsgericht der Evangelischen Landeskirche in Württemberg
Entscheidungsform:Urteil
Datum:19.07.2007
Aktenzeichen:VG 15/04
Rechtsgrundlage:§ 88 KVwGG; §§ 578 ff. ZPO; § 32 Abs. 2 VerfO-LKA/B
Vorinstanzen:keine
Schlagworte:Landeskirchenausschuss in Beschwerdesachen, Wiederaufnahmegründe, Wiederaufnahmeverfahren

Leitsatz

und Urteil des Verwaltungsgerichts
der Evangelischen Landeskirche in Württemberg
vom 19. Juli 2007

#

Leitsatz:

  1. Das Vorliegen von Wiederaufnahmegründen beurteilt sich in einem Verfahren, das die Wiederaufnahme eines durch eine Entscheidung des vormaligen Landeskirchenausschusses in Beschwerdesachen abgeschlossenen Verfahrens zum Gegenstand hat, nach der Verfahrensordnung des Landeskirchenausschusses in Beschwerdesachen und nicht nach dem KVwGG
  2. Zu den Wiederaufnahmegründen des § 32 Abs. 2 VerfO-LKA/B
####
Az: VG 15/04
In der Verwaltungsrechtssache
Pfarrer
- Kläger -
prozessbevollmächtigt:
...
gegen
Evangelische Landeskirche in Württemberg,
vertr. durch den Oberkirchenrat,
dieser vertr. d. d. Direktorin im Oberkirchenrat,
Frau Oberkirchenrätin Rupp,
Gänsheidestraße 4, 70184 Stuttgart
- Beklagte -
wegen
Wiederaufnahme des Verfahrens vor dem Landeskirchenausschuss in Beschwerdesachen LKA/B – 12/1994
hat das Verwaltungsgericht der Evangelischen Landeskirche in Württemberg durch
den Richter am Verwaltungsgericht Dipl.-Theol. Rainer E. Müller als Vorsitzenden
den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgericht Dieter Eiche als Mitglied mit der Befähigung zum Richteramt
die Dekanin Wiebke Wähling als ordiniertes Mitglied den Pfarrer Klaus Dieterle als ordiniertes Mitglied
den Rechtsanwalt Dr. Dieter Deuschle als nichtordiniertes Mitglied
auf die mündliche Verhandlung vom 19. Juli 2007 am 19. Juli 2007
für Recht erkannt:
#

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
#

Tatbestand:

###
Der Kläger begehrt die Wiederaufnahme des Verfahrens vor dem Landeskirchenausschuss in Beschwerdesachen LKA/B – 12/1994 über seine Versetzung in den Wartestand.
Der Kläger wurde im Jahre 1950 in der ehemaligen DDR geboren. Er ist Bürger der USA und studierte Theologie in den USA und in Deutschland. Im Jahre 1977 legte er die I. Evangelisch-theologisch Dienstprüfung in Tübingen ab und trat in den Vorbereitungsdienst der Landeskirche ein. Nach bestandener II. Theologischer Dienstprüfung wurde der Kläger zum 1. April 1980 in den unständigen Dienst im Pfarramt übernommen und mit Wirkung vom 1. August 1981 zum Pfarrverweser der Kirchengemeinde B. D. (C.-Gemeinde) bestellt. Am 1. Mai 1982 erfolgte seine Ernennung auf diese Pfarrstelle unter Berufung in den ständigen Pfarrdienst. Die Kirchengemeinde B. D. ist Teil der Gesamtkirchengemeinde B.
Im April und Mai 1990 führte der damalige Dekan T. eine Visitation in der C.-Gemeinde B. D. durch. Der Bericht des Dekans wurde am 9. Dezember 1992 gefertigt und gelangte – soweit sich dies aus den Personalakten des Klägers entnehmen lässt – am 5. August 1993 zu diesen. Dort heißt es am Ende: „In den Vorbemerkungen wies ich darauf hin, dass es eigentlich für alle Teile gut wäre, wenn sowohl der katholische als auch der evangelische Pfarrer wechseln würde. Ich weiß, dass wir keine juristische Handhabe haben, um Herrn Pfarrer X. zu einem Wechsel zu veranlassen. Seine Gemeinde arbeitet mit ihm gern zusammen, andere besuchen die umliegenden Gemeinden in B.“.
In der Folgezeit kam es ausweislich der Akten zu Meinungsverschiedenheiten zwischen dem Kirchengemeinderat und dem Kläger. Diese mündeten in eine Sitzung des Kirchengemeinderats vom 21. April 1994 mit dem einzigen Tagesordnungspunkt „Weitere Zusammenarbeit von Kirchengemeinderat und Herrn Pfarrer X.“. Dem Antrag, der Kirchengemeinderat der C.-Gemeinde B. solle feststellen, dass eine Vertrauensbasis zwischen Kirchengemeinderat und Herrn Pfarrer X. nicht mehr gegeben und eine weitere Zusammenarbeit mit ihm nicht mehr möglich ist, wurde mit 8 Ja-Stimmen, einer Gegenstimme und einer als „ungültig/Enthaltung“ bezeichneten Stimme zugestimmt. Nach dem Gottesdienst am 24. April 1994 gab der Kläger diesen in nichtöffentlicher Sitzung gefassten Beschluss den Eltern der damaligen Konfirmanden bekannt. Daraufhin fand am 3. Mai 1994 eine Sitzung des Besetzungsgremiums der C.-Gemeinde statt, an der unter anderem Frau Prälatin M. und seitens des Oberkirchenrats die damalige Oberrechtsrätin R. teilnahmen. In dem hierüber gefertigten Protokoll wird am Ende ausgeführt, das Besetzungsgremium beantrage, den Kläger in den Wartestand zu versetzen.
Mit Schreiben vom 9. Mai 1994 befürwortete Dekan E. im Rahmen der Stellungnahme des Visitators die Versetzung des Klägers in den Wartestand. In dem Bericht heißt es unter anderem, die vom Kläger „mitverantwortete“ öffentliche Kampagne gegen den Kirchengemeinderat und - unterstützt von einseitig informierten Konfirmandeneltern - auch gegen die Amtskirche habe seit Bekanntgabe des Beschlusses des Kirchengemeinderats vom 21. April 1994 nach dem Gottesdienst am 24. April 1994 eine Strategie erkennen lassen, die den Kirchengemeinderat und die Landeskirche indirekt des Antisemitismus und der Ausländerfeindlichkeit beschuldige. Der Kläger habe dabei den Kirchengemeinderat als Hilfsinstrument der Kirchenleitung bezeichnet.
Mit Bescheid vom 10. Mai 1994 entband der Oberkirchenrat den Kläger mit sofortiger Wirkung im dringenden dienstlichen Interesse nach § 58 Abs. 3 Württ. Pfarrergesetz von seinem Dienstauftrag. Zur Begründung wurde unter anderem dargelegt, die Erklärung des Besetzungsgremiums, mit dem Kläger nicht mehr zusammenarbeiten zu können, sowie die Reaktionen, die durch die Auseinandersetzung zwischen Pfarrer und Kirchengemeinderat in der Öffentlichkeit ausgelöst wurden, erforderten dringend die sofortige Beendigung der Dienstgeschäfte auf der gegenwärtigen Stelle.
Mit Bescheid des Oberkirchenrats vom 1. Juni 1994 wurde der Kläger mit sofortiger Wirkung nach § 57 Abs. 2 Nr. 2 Württ. Pfarrergesetz in den Wartestand versetzt. Zur Begründung wurde dargelegt, dem Kirchengemeinderat sei nach seinem glaubhaften Votum eine Zusammenarbeit mit dem Kläger nicht mehr möglich, so dass die Leitung der Gemeinde ernsthaft gefährdet sei. Die Mitglieder des Besetzungsgremiums hätten glaubhaft Dinge dargestellt, die zur Zerstörung der Vertrauensbasis und der Unmöglichkeit der weiteren Zusammenarbeit geführt hätten. So sei unter anderem dargelegt worden, dass es persönliche Angriffe auf Mitglieder des Kirchengemeinderats gegeben habe, vom Kläger Aggressionen auch gegenüber Mitarbeitern geäußert worden seien, der Kläger den Kirchengemeinderat nicht beteiligt habe und sich in Arbeitsstil und Arbeitsweise insgesamt so verhalten habe, als ob es keinen Kirchengemeinderat gebe. Dies habe sich auch darin gezeigt, dass der Kläger den Kirchengemeinderat und die Laienvorsitzende von sich aus nicht einmal informiert habe. Der Kläger habe dem Kirchengemeinderat das Gefühl vermittelt, dass es für ihn, den Kläger, nur die Alternative „Freund oder Feind“ gebe und dass derjenige, der nicht seiner Meinung sei, gegen ihn sei. Der Kirchengemeinderat habe objektive Informationen seitens des Klägers vermisst. Ob alle Darstellungen und Beschwernisse, die vom Besetzungsgremium geschildert worden seien, völlig zutreffend seien, könne letztlich dahinstehen. Es seien jedenfalls keine Anhaltspunkte vorhanden, dass sich das Besetzungsgremium bzw. die Mitglieder des Kirchengemeinderats bei der Entscheidung von Willkür oder sachfremden Motiven hätten leiten lassen. Die Frage, wer dies zu verantworten habe, könne bei der Prüfung des Tatbestands nach § 57 Abs. 2 Nr. 2 Württ. Pfarrergesetz außer Betracht bleiben. Die sofortige Vollziehung der Entscheidung wurde angeordnet.
Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger Beschwerde zum Landeskirchenausschuss.
Nach Anhörung von Zeugen wies der Landeskirchenausschuss in Beschwerdesachen die Beschwerde des Klägers mit Beschluss vom 5. Oktober 1994 als unbegründet zurück (LKA/B-12/1994). Zur Begründung wurde dargelegt, die Voraussetzungen des § 57 Abs. 2 Nr. 2 Württ. Pfarrergesetz für die Versetzung in den Wartestand hätten vorgelegen. Es weise nichts darauf hin, dass die Beschlüsse des Kirchengemeinderats vom 21. April 1994 und des Besetzungsgremiums vom 3. Mai 1994, in denen festgestellt worden sei, dass eine Vertrauensbasis zwischen dem Kirchengemeinderat bzw. Besetzungsgremium und dem Kläger nicht mehr gegeben sei, leichtfertig getroffen worden seien. Endgültig zerbrochen sei die Vertrauensbasis, nachdem der Kläger am 24. April 1994 den in nichtöffentlicher Sitzung gefassten Beschluss des Kirchengemeinderats Konfirmandeneltern bekannt gegeben und damit eine Kampagne in der Presse – zum Teil auch in Rundfunk und Fernsehen - im Wesentlichen „pro Bf. (Beschwerdeführer) und contra Kirchengemeinderat, Dekan und Kirchenleitung“ - ausgelöst habe, an der er sich rege beteiligt habe. Es sei auch nicht zu erkennen, dass die Beschlüsse vom 21. April und 3. Mai 1994 willkürlich gefasst worden seien; dies wird in der Entscheidung unter Bezeichnung von Erkenntnissen aus den Akten und aus der Zeugenvernehmung näher dargelegt. Die ernsthaften Meinungsverschiedenheiten und Auseinandersetzungen zwischen dem Kläger und dem Kirchengemeinderat hätten auch Auswirkungen auf das Gemeindeleben gehabt und seien den Gemeindegliedern nicht verborgen geblieben, die ab 25. April 1994 einsetzende Kampagne in den Medien sei dafür Anzeichen genug. Schließlich beseitige das Verhalten des Klägers nach dem 21. April 1994 – soweit vorhanden – letzte Zweifel, dass die genannten Beschlüsse weder rechtsmissbräuchlich noch willkürlich ergangen seien. In diesem Zusammenhang werden wiederum einzelne Geschehnisse beispielhaft erwähnt.
Mit Schreiben vom 20. Januar 1997 beantragte der Kläger die Wiederaufnahme des Verfahrens LKA/B – 12/1994. Dabei machte er geltend, die Verfahrensabläufe seien damals nicht korrekt entsprechend § 58 Württ. Pfarrergesetz gehandhabt worden. Weder das Protokoll der Sitzung des Besetzungsgremiums noch die Stellungnahme des Visitators sei ihm unverzüglich mitgeteilt worden. Außerdem rügte er die „Befangenheit des Ausschussmitglieds, des damaligen Dekans und jetzigen Oberkirchenrats K.“. Der Landeskirchenausschuss habe ferner seine erste Entscheidung auf Sachverhalte gestützt, zu denen er nicht die Möglichkeit des rechtlichen Gehörs gehabt habe. Die Personalakte sei ausgewertet worden; die Akte habe negative Informationen über ihn enthalten, die bei sachgerechter Führung der Akte nicht hätten enthalten sein dürfen. Auch die Medienkampagne habe bei der Entscheidung des Landeskirchenausschusses im Ausgangsverfahren eine entscheidende Rolle gespielt. Erst nach der Entscheidung des Landeskirchenausschusses sei die Tatsache bekannt geworden, dass ein Mitglied des Kirchengemeinderats, nämlich der als Redakteur in der „beruflichen Kreiszeitung“ (richtig wohl: B. Kreiszeitung) tätige Kirchenpfleger es gewesen sei, der den Beschluss des Kirchengemeinderats über den Vertrauensentzug in die Öffentlichkeit getragen und damit die aufschäumende öffentliche Reaktion bewusst provoziert habe. Darüber hinaus sei erst durch die Akteneinsicht im Herbst 1996 bekannt geworden, dass der Oberkirchenrat, ohne dem Kläger davon Kenntnis zu geben, schon seit dem Jahre 1991 gezielt auf seine Ablösung im Pfarramt in B. hingearbeitet habe.
Mit Beschluss vom 13. Juni 1997 lehnte der Landeskirchenausschuss in Beschwerdesachen den Antrag auf Wiederaufnahme ab (LKA/B – 1/1997). Es seien keine Wiederaufnahmegründe nach § 32 Abs. 2 der Verfahrensordnung für den Landeskirchenausschuss in Beschwerdesachen (VerfO-LKA/B) ersichtlich. Auch seien keine Tatsachen bekannt geworden, die auf die Nichtigkeit des Beschlusses vom 5. Oktober 1994 schließen ließen. Solche Nichtigkeitsgründe lägen nur bei schweren Verfahrensmängeln vor, wie sich auch aus § 579 ZPO ergäbe. Die strengen Voraussetzungen, unter denen die Befangenheit zur Nichtigkeit eines Beschlusses führen könnten – hier könne auf § 579 Abs. 1 Nr. 3 ZPO Bezug genommen werden – seien nicht gegeben. Nach dieser Vorschrift der Zivilprozessordnung finde die Nichtigkeitsklage (nur) statt, wenn bei der Entscheidung ein Richter mitgewirkt habe, obgleich er wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt und das Ablehnungsgesuch für begründet erklärt worden war. Ein späteres Erkennen der Befangenheit könne demzufolge keine Nichtigkeitsklage begründen. Noch strenger seien im Übrigen die entsprechenden Bestimmungen der Strafprozessordnung. Im Übrigen habe auch keine Befangenheit vorgelegen. Auch ansonsten seien keine Gründe erkennbar, die ein Festhalten an der Entscheidung vom 5. Oktober 1994 als grob unbillig erscheinen ließe. Den Inhalt der Personalakte habe der Landeskirchenausschuss bei seiner Entscheidung verwerten dürfen, der Kläger habe damals die Möglichkeit gehabt, diese Akten einzusehen und hätte sich ggf. damals bereits gegen die Verwertbarkeit wenden müssen. Auch der vorgetragene Umstand, dass ein Mitglied des Kirchengemeinderats die aufschäumende öffentliche Reaktion bewusst provoziert habe, sei kein Wiederaufnahmegrund. Insoweit werde wiederum auf Vorschriften der ZPO Bezug genommen, die die Wideraufnahme nur unter sehr engen Voraussetzungen zuließen; entsprechendes gelte bei Heranziehung von § 51 Abs. 1 des Verwaltungsverfahrensgesetzes. Auch die Behauptung, der Oberkirchenrat habe schon seit 1991 auf die Ablösung des Klägers hingearbeitet, stelle unter Beachtung der geschilderten Rechtslage keinen Wiederaufnahmegrund dar. Die nunmehr erfolgte Aktenseinsicht durch den Prozessbevollmächtigten des Klägers könne nicht als neue Tatsache im Rechtssinne gewertet werden.
Mit Schreiben vom 28. Januar 1998 beantragte der Kläger erneut das Wiederaufgreifen des Verfahrens. Dabei macht er geltend, die Mitglieder des Landeskirchenausschusses, die bereits an dem vorangegangenen Verfahren LKA/B – 12/1994 mitgewirkt hätten, seien kraft Gesetzes von der Mitwirkung in der Sache LKA/B – 1/1997, die durch Beschluss vom 13. Juni 1997 beendet worden sei, ausgeschlossen. Frau F. habe an beiden Beschlüssen mitgewirkt, dies stelle einen schweren Verfahrensmangel dar. Auch sei der Befangenheitseinwand vom Landeskirchenausschuss falsch verstanden worden. Dieser habe sich nicht auf eine Befangenheit von Herrn K. gegenüber dem Oberkirchenrat bezogen. Vielmehr habe er, der Kläger, gemeint, dass Herr K. gegenüber den anderen Mitgliedern des Landeskirchenausschusses, die über seine Ernennung zum Mitglied des Oberkirchenrats zu entschieden gehabt hätten, befangen gewesen sei. Auch könne er insgesamt die Rechtsauffassung des Landeskirchenausschusses, wie sie im Beschluss vom 13. Juni 1997 zum Ausdruck gekommen sei, nicht teilen.
Mit dem Beschluss vom 6. November 1998 lehnte der Landeskirchenausschuss den Antrag auf Wiederaufnahme ab.
Mit Schriftsatz vom 14. September 2004 stellte der Kläger beim kirchlichen Verwaltungsgericht einen erneuten Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens LKA/B – 12/1994. Zur Begründung des Antrags wird vorgetragen, aufgrund der vom Kläger nunmehr vorgetragenen neuen Tatsachen könne bewiesen werden, dass die Ungedeihlichkeit als Voraussetzung für eine Versetzung in den Wartestand gezielt von dritter Seite herbeigeführt worden sei. Bei diesen neuen Tatsachen handele es sich einmal um das Deckblatt zum Visitationsbericht des Dekans aus dem Jahre 1993 und um das Anschreiben des Evangelischen Dekanats B. an den Oberkirchenrat vom 18. Februar 1993 sowie zum anderen um das Zeugnis des Herrn H., Redaktionsleiter im Ruhestand der B. Kreiszeitung.
Aus dem genannten Deckblatt ergebe sich, dass der damals für die C.-Gemeinde in B. zuständige Dekan T. den Visitationsbericht von 1990 dem Oberkirchenrat erst im Jahre 1993 vorgelegt habe. Er belege des Weiteren, welche Personen von diesem Visitationsbericht zu welchem Zeitpunkt Kenntnis genommen hätten. Damit sei belegt, dass Vertreter aus nahezu allen Abteilungen des Oberkirchenrats bzw. das Kollegium, das am 30. Mai 1994 über die Wartestandsversetzung entschieden hatte, von diesem Visitationsbericht seit beinahe einem Jahr Kenntnis hatten. Da der Bericht nicht zur Personalakte gelangt sei, hätten sowohl der Oberkirchenrat als auch der Landeskirchenausschuss zum Zeitpunkt der Entscheidung im Jahre 1994 die Wartestandsverfügung auf eine Entscheidungsgrundlage gestellt, die für den Kläger in erheblicher Weise nachteilig gewesen und ihm darüber hinaus in rechtswidriger Weise vorenthalten worden sei. Dieses Deckblatt belege des Weiteren, dass Dekan T., der zwischenzeitlich zum Oberkirchenrat ernannt worden war, nunmehr auch in dieser Funktion den Weggang des Klägers aus B. forciert habe. Dieser habe gleichzeitig die Gelegenheit genutzt, unter Ziffer 4 des Deckblatts die Anmerkung anzubringen, dass der Kläger noch immer auf der Stelle sei. Dadurch werde bewiesen, dass zumindest Oberkirchenrat T. im Zusammenhang mit der Wartestandsverfügung als befangenes Mitglied des Oberkirchenrats gehandelt habe. Darüber hinaus habe Oberkirchenrat T1. auf dem genannten Deckblatt angemerkt, dass die kritische Beurteilung des Pfarrers völlig richtig sei, und die Frage gestellt, ob die Beurteilung „auf den Personalakten“ sei. Dabei stehe fest, dass Oberkirchenrat T1. an der Visitation im Jahr 1990 nicht teilgenommen habe. Seine Bemerkung habe damit jeglicher Grundlage entbehrt.
Ein erheblicher Verfahrensverstoß liege auch darin, dass der Visitationsbericht erst ca. drei Jahre nach der Hauptvisitation dem Oberkirchrat vorgelegt worden sei. Das Verfahren sei deshalb bereits aufgrund dieses Verstoßes fragwürdig. Der Visitationsbericht sei somit aus der Personalakte zu nehmen. Er hätte deshalb auch nicht bei der Entscheidung über die Versetzung in den Wartestand verwertet werden dürfen. Nachweislich habe der Oberkirchenrat gegenüber dem Landeskirchenausschuss insbesondere auf der Grundlage des Visitationsberichts argumentiert. Es werde nicht verkannt, dass der Visitationsbericht und die Umstände seiner Erstellung dem Landeskirchenausschuss im Jahre 1994 bereits bekannt gewesen seien. Dieser Vorgang werde jedoch durch die erst jetzt bekannten Tatsachen neu beleuchtet und das bereits vorgetragene Argument des Klägers, dass sein Weggang und die Herbeiführung der Ungedeihlichkeit gezielt und unsachlich betrieben worden seien, werde dadurch als zutreffend belegt.
Ein weiterer Verfahrensverstoß sei im Übrigen darin zu sehen, dass das Deckblatt zum Visitationsbericht nicht zur Personalakte gelangt sei. Aus diesem Deckblatt und dem Inhalt des Visitationsbericht ergebe sich aber, dass Herr T. mit Nachdruck den Stellenwechsel des Klägers betrieben habe. Herr T. sei damit bei der Entscheidung über den Wartestand befangen gewesen. Auch Herr T1 sei als befangen anzusehen. Herr T1 habe gezielt in unsachlicher Weise und damit willkürlich auf den Weggang des Klägers hingearbeitet und dies über einen Zeitraum von nahezu 4 Jahren. Hierfür gäbe es auch weitere Anhaltspunkte in den Akten.
Ergänzend wird vorgetragen, auch Prälatin M. habe - wie sich aus dem Deckblatt zum Visitationsbericht ergebe - gegen ihre Dienstpflichten verstoßen. Ihr sei bereits am 18. Februar 1993 bekannt gewesen, dass ihr der Visitationsbericht vorliege. Dessen ungeachtet habe sie es unterlassen, den Kläger anlässlich eines Gesprächs am 3. März 1993 auf die Existenz des Berichts hinzuweisen. Damit habe sie gegen grundlegende Verfahrensvorschriften verstoßen und ihre Fürsorgepflicht gegenüber dem Kläger sowie Amtspflichten verletzt.
Mit Hilfe des nunmehr als Zeugen benannten Herrn H., des früheren Redaktionsleiters der B. Kreiszeitung, könne nunmehr ferner belegt werden, dass der mit Dekan T. eng zusammenarbeitende Kirchenpfleger der Gesamtkirchengemeinde B., Herr K., bereits lange vor dem 21. April 1994 negative, insbesondere vertrauliche Informationen aus den Sitzungen des Kirchengemeinderats an die B. Kreiszeitung gegeben habe. Herr K. habe als Mitglied des Besetzungsgremiums entscheidend dabei mitgewirkt, die Versetzung des Klägers in den Wartestand zu beantragen. Damit sei belegt, dass die Weiterverbreitung von „Internas“ aus den Sitzungen des Kirchengemeinderats nicht durch den Kläger erfolgt sei. Vielmehr sei die örtliche Presse schon geraume Zeit vorher von dritter Seite unter Verletzung des Vertraulichkeitsgrundsatzes und in Kenntnis und mit Wissen des Dekans informiert worden. Mit Wissen des Dekans und des Kirchenpflegers habe man jedoch dem Kläger eine derartige Vorgehensweise gegenüber der Presse und eine Verletzung der Verschwiegenheitspflicht angelastet. Auch dies belege, in welcher Weise von dritter Seite versucht worden sei, eine Ungedeihlichkeit und damit den Weggang des Klägers aus der Kirchengemeinde zu bewirken. Auf der Grundlage dieser neuen Tatsachen wäre eine Versetzung des Klägers in den Wartestand im Jahre 1994 nicht rechtmäßig gewesen. Der Landeskirchenausschuss hätte deshalb damals die Entscheidung aufheben müssen. Dem Kläger seien diese Tatsachen erst jetzt bekannt geworden. Auch sei der Zeuge erst nach Antritt seines Ruhestands bereit gewesen, die hier maßgeblichen Aussagen zu machen. Das Aktenstück (Deckblatt z. Visitationsbericht) habe der Oberkirchenrat bis zum Schreiben vom 7. April 2004 dem Kläger nicht zur Kenntnis gegeben. Dieser habe auch keine Gelegenheit gehabt, davon im Rahmen einer Akteneinsicht Kenntnis zu nehmen, da es bewusst nicht zur Personalakte gegeben worden sei.
Schließlich wird als neue Tatsache vorgetragen, dem Kläger sei erst jetzt bekannt geworden, dass ein von ihm an den damaligen Landesbischof D. S. gerichtetes Schreiben vom 20.10.1993 im „Fall S. L.“, den Bischof nicht erreicht habe, sondern „vermutlich über die Leitung des Oberkirchenrats an die Rechtsabteilung weitergeleitet wurde“. Der Brief habe in engem Zusammenhang mit erheblichen Unstimmigkeiten in der Gesamtkirchengemeinde und einseitigem Engagement seitens des Oberkirchenrats zugunsten des engeren Rats der Gesamtkirchengemeinde gestanden. Gerade in der Zeit, als der Brief verfasst wurde, hätten die weiteren „Eskalationsstufen“ im Zusammenhang mit dem Verfahren auf Versetzung des Klägers in den Wartestand begonnen.
Nach allem sei aufgrund der dargelegten neuen Tatsachen nachgewiesen, dass massive Pflichtverstöße seitens des Kirchengemeinderatsmitglieds K. und des Dekans bzw. Oberkirchenrats T. sowie weiterer Personen vorgelegen hätten, die darauf abgezielt hätten, den Kläger zu einem Weggang zu bewegen. Vor diesem Hintergrund sei es nicht sachgerecht gewesen, den Kläger wegen Ungedeihlichkeit in den Wartestand zu versetzen, da diese Ungedeihlichkeit gezielt herbeigeführt worden sei.
Die neuen Sachverhalte bzw. Beweismittel belegten auch, dass unabhängig von der Frage, ob Verfahrensmängel vorlagen, die die Nichtigkeit der Entscheidung zur Folge hätten, in jedem Fall die getroffene Entscheidung grob unbillig sei, da das Zerwürfnis gezielt herbeigeführt worden sei, und zwar gerade nicht von Seiten des Klägers, sondern von Vertretern des Beklagten.
In der mündlichen Verhandlung präzisierte der Kläger die Wiederaufnahmegründe, die er geltend machen wolle. Dabei gehe es einmal um den Inhalt des von ihm angesprochenen Deckblatts zum Visitationsbericht, zum anderen darum, dass mit dem Zeugen H. ein neues Beweismittel zur Verfügung stehe, zum Dritten um das von ihm an den Bischof gerichtete Schreiben, dass diesen offenbar nicht erreicht habe und zum Vierten darum, dass ihn Prälatin M. nicht über den negativen Visitationsbericht im März 1993 informiert habe.
Der Kläger beantragt,
das Verfahren LKA/B - 12/1994 wieder aufzunehmen und den Bescheid des Oberkirchenrats vom 1. Juni 1994 betreffend die sofortige Versetzung des Klägers in den Wartestand aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie vertritt die Auffassung, der Wiederaufnahmeantrag sei bereits unzulässig, da die engen Vorschriften des vierten Buches der ZPO, auf die § 88 Abs. 1 KVwGG verweise, nicht einschlägig seien. Im Übrigen sehe § 586 Abs. 2 Satz 2 ZPO eine absolute Ausschlussfrist von fünf Jahren gerechnet ab Rechtskraft des ursprünglichen Urteils vor, danach sei eine Wiederaufnahme nicht mehr möglich. Diese Frist sei bei weitem verstrichen.
Falls aber § 32 Abs. 2 der VerfO-LKA/B anwendbar sei, so werde darauf hingewiesen, dass Wiederaufnahmegründe nach dieser Bestimmung nicht ersichtlich seien. Es seien keine Tatsachen bekannt geworden, die auf eine Nichtigkeit schließen oder ein Festhalten an der ersten Entscheidung als grob unbillig erscheinen ließen. Insofern sei von Bedeutung, dass das Besetzungsgremium in seiner Sitzung vom 3. Mai 1994 fast einstimmig beantragt habe, den Kläger in den Wartestand zu versetzen, da eine Vertrauensbasis zwischen dem Kirchengemeinderat und dem Kläger nicht mehr gegeben gewesen sei. Für das Vorliegen dieser Nichtgedeihlichkeit sei es völlig unerheblich, ob und wann ein Visitationsbericht auf die Personalakte des Klägers gelangt und ob dabei ein Aktenvermerk mit auf die Akte genommen worden sei. Völlig unstreitig sei, dass bei der Erstellung des Visitationsberichts Verfahrensfehler unterlaufen seien, die einen Anspruch des Klägers auf Entfernung aus den Personalakten begründeten. Allerdings sei die Versetzung des Klägers in den Wartestand nicht auf diesen Visitationsbericht gestützt worden. Vielmehr sei entscheidend die Unhaltbarkeit der Stellung des Klägers in B. D. gewesen, wie sie bei den Beratungen des Besetzungsgremiums zu Tage getreten seien. Auch wenn das eine oder andere Detail streitig sei, ändere dies nichts daran, dass ein Zerwürfnis zwischen dem Kläger und dem Kirchengemeinderat vorgelegen habe, das eine weitere Zusammenarbeit nicht möglich gemacht habe. Deshalb würde selbst die Mitwirkung einer möglicherweise befangenen Person bei der Entscheidung des Oberkirchenrats diese Entscheidung nichts als grob unbillig erscheinen lassen. Von Befangenheit könne vorliegend aber auch keine Rede sein. Ein Mitglied des Oberkirchenrats, das in anderer dienstlicher Stellung zu einem früheren Zeitpunkt mit einem Vorgang befasst gewesen sei, sei in einer späteren Kollegialentscheidung nicht befangen. Selbst wenn man aber annehme, wofür es nach dem bisherigen Sachvortrag keinen Anhaltspunkt gebe, dass Oberkirchenrat T. befangen gewesen sei, so wären Befangenheits- und Ablehnungsgründe unverzüglich geltend zu machen gewesen, um das Recht zu einer Geltendmachung im Rechtsbehelfsverfahren nicht zu verlieren. Die Mitwirkung von Oberkirchenrat T. bei der Entscheidung über seine Wartestandsversetzung sei vom Kläger bisher zu keinem Zeitpunkt problematisiert worden, obwohl ihm sicherlich die Tatsache, dass sein früherer Dekan zwischenzeitlich Mitglied des Oberkirchenrats geworden ist, nicht unbekannt geblieben sei. Auch eine - bestrittene - Befangenheit von Herrn T1 könne nicht zu einer Bewertung der Entscheidung des Landeskirchenausschusses als grob unbillig führen.
Ferner sei darauf hinzuweisen, dass der Kläger bereits im Wiederaufnahmeverfahren LKA/B – 1/1997 durch seinen Anwalt habe vortragen lassen, dass Kirchenpfleger K. derjenige gewesen sei, der die Presse informiert habe. Der Landeskirchenausschuss habe in seinem Beschluss vom 13. Juni 1997 in diesem Umstand keinen Wiederaufnahmegrund gesehen.
Dem Gericht haben die den Kläger betreffenden Personalakten des Oberkirchenrats vorgelegen und daneben die Akten des Landeskirchenausschusses in Beschwerdesachen in den Verfahren mit den Aktenzeichen LKA/B -06/93, -12/94, - 18/94, -01/97, -01/98 und -01/01. Auf sie und auf die Gerichtsakten wird wegen weiterer Einzelheiten verwiesen.
#

Gründe:

Der Schriftsatz der Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 3. August 2007 konnte nicht zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung führen, da der Tenor der Entscheidung bereits am 19. Juli 2007 nach Beratung des Gerichts im Anschluss an die mündliche Verhandlung der Geschäftsstelle des Verwaltungsgerichts übergeben worden war. Im Übrigen hätte der Inhalt dieses Schriftsatzes, mit dem belegt werden soll, dass die Redaktion der B. Kreiszeitung aus dem Kreis des Kirchengemeinderats vertrauliche Informationen erhalten hat, wohl auch nicht zu einer anderen Entscheidung führen können (dazu unten).
Die Klage ist zulässig. Ein Rechtschutzbedürfnis des Klägers ist gegeben. Dabei unterstellt das Gericht, dass der Kläger außer Stande war, die nunmehr vorgetragenen Wiederaufnahmegründe bereits in den beiden vorausgehenden Wiederaufnahmeverfahren zu benennen, weil sie ihm zum damaligen Zeitpunkt noch nicht bekannt waren.
Die Klage ist aber unbegründet.
Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens ist – allein – die Wiederaufnahme des Verfahrens vor dem Landeskirchenausschuss LKA/B-12/1994, das durch Beschluss vom 5. Oktober 1994 abgeschlossen worden ist. Dies ergibt sich auch aus dem gestellten Sachantrag, mit dem die Wiederaufnahme des genannten Beschwerdeverfahrens begehrt wird. Dieses Verfahrens – und in erster Linie der dort ergangene Beschluss vom 5. Oktober 1994 – ist also Prüfungsgegenstand unter Wiederaufnahmegesichtspunkten, nicht aber die Wartestandsentscheidung des Oberkirchenrats vom 1. Juni 1994 oder gar die beiden Wiederaufnahmeverfahren LKA/B-01/97 und LKA/B-01/98.
Der Wiederaufnahmeantrag scheitert nicht bereits aus formalen Gründen, etwa weil die Frist des § 586 Abs. 1 ZPO nicht eingehalten wurde. Denn die Vorschriften der ZPO über die Wiederaufnahme eines Verfahrens (vgl. § 578 ff. ZPO) sind vorliegend nicht anwendbar. Zwar sieht § 88 Abs. 1 KVwGG vor, dass ein rechtskräftig beendetes Verfahren nach den Vorschriften des Vierten Buches der Zivilprozessordnung – dort finden sich die §§ 578 ff. ZPO – wiederaufgenommen werden kann. § 88 KVwGG findet vorliegend indes keine Anwendung.
Für diese Auffassung ist maßgebend, dass der hier im Streit stehende Beschluss des Landeskirchenausschusses nicht unter Geltung des KVwGG, das erst zum 1. Januar 2002 in Kraft getreten ist, ergangen ist, vielmehr zum damaligen Zeitpunkt die Verfahrensverordnung für den Landeskirchenausschuss in Beschwerdesachen vom 2. März 1989 Gültigkeit hatte. In dieser Verfahrensordnung findet sich in § 32 eine Regelung über die Bindungswirkung von Entscheidungen des Landeskirchenausschusses, also über deren Rechts- bzw. Bestandskraft. Nach dessen Absatz 2 kann der Landeskirchenausschuss auf Antrag das Verfahren wiederaufnehmen, wenn Tatsachen bekannt werden, die auf die Nichtigkeit der ersten Entscheidung schließen lassen oder die ein Festhalten an der ersten Entscheidung als grob unbillig erscheinen lassen. Abgesehen davon, dass der Landeskirchenausschuss in Beschwerdesachen nicht mehr existiert, was vorliegend nicht entscheidungserheblich ist, traf die genannte Verfahrensordnung damit eine eigenständige Entscheidung über die Frage, in welchen Fällen eine Durchbrechung der Bestandskraft der aufgrund dieser Verfahrensordnung getroffenen Entscheidungen des Landeskirchenausschusses in Betracht zu ziehen ist. Die Regelung in § 32 Abs. 2 VerfO-LKA/B war insoweit abschließend; außer der Erfüllung der dort genannten tatbestandlichen Voraussetzungen waren an eine Wiederaufnahme keine weiteren Anforderungen geknüpft, insbesondere gab es keine dezidierte Regelung über eine Ausschlussfrist oder eine Verweisung auf Vorschriften des staatlichen Rechts.
§ 32 VerfO-LKA/B regelt nach Auffassung des Gerichts auch heute noch den Umfang der Bestandskraft von Beschlüssen des Landeskirchenausschusses, § 88 KVwGG steht einer solchen Auslegung nicht entgegen. Denn unter den in der letztgenannten Vorschrift bezeichneten „rechtskräftig beendeten Verfahren“ sind allein solche zu verstehen, die auf der Grundlage des KVwGG entschieden worden sind; allein solche Verfahren sind per se Gegenstand der Regelungen des Kirchlichen Verwaltungsgerichtsgesetzes. Wollte das KVwGG auch für andere Verfahren Gültigkeit beanspruchen – zu denken wäre in diesem Zusammenhang auch an abgeschlossene Verwaltungsverfahren – hätte es einer ausdrücklichen Regelung im KVwGG oder einer außerhalb des KVwGG getroffenen (Übergangs)-Regelung bedurft. Eine solche existiert jedoch nicht. Nur am Rande sei erwähnt, dass bereits die Qualifizierung der für eine Wiederaufnahme in Betracht kommenden Verfahren als „rechtskräftig“ beendet dafür spricht, dass es sich hierbei um Verfahren gerichtlicher Art handelt, denn nur dort wird von Rechtskraft gesprochen, der Landeskirchenausschuss war aber kein Gericht in formalrechtlichem Sinne.
Die hier vertretene Auffassung widerspricht nicht dem allgemeinen Grundsatz des intertemporalen Prozessrechts, wonach Änderungen des Verfahrensrechts mit ihrem In-Kraft-Treten grundsätzlich auch anhängige Rechtsstreitigkeiten erfassen (vgl. etwa BVerwG, Beschl. v. 2.05.2005 – 6 PB 9.04 –, m.w.N., NJW 2005, 1449 f.). Denn zum 1. Januar 2002 ist mit In-Kraft-Treten des KVwGG nicht lediglich eine schlichte Änderung eines bereits vorhandenen Verfahrensrechts erfolgt, vielmehr wurde das Verfahren - unter anderem was die Anfechtung von Entscheidungen des Oberkirchenrats angeht - generell neu geregelt und - erstmals - ein gerichtliches Verfahren eingeführt. Damit wurde eine prinzipielle Änderung des Rechtsschutzverfahrens und nicht lediglich eine Verfahrensänderung im Sinne der angesprochenen Rechtsprechung durchgeführt.
Der somit nach dem bereits erwähnten § 32 Abs. 2 VerfO-LKA/B zu beurteilende Wiederaufnahmeantrag des Klägers bleibt erfolglos. Das Gericht kann nicht feststellen, dass Tatsachen bekannt wurden, die auf die Nichtigkeit der ersten Entscheidung schließen lassen oder die ein Festhalten an der ersten Entscheidung als grob unbillig erscheinen lassen. Solche Tatsachen wurden vom Kläger weder bezeichnet, noch sind solche den vorliegenden Akten zu entnehmen.
Nichtigkeitsgründe sind nicht ersichtlich. Bereits im Beschluss des Landeskirchenausschusses in Beschwerdesachen vom 13. Juni 1997 (LKA/B – 1/1997) wurde darauf hingewiesen, dass für die Auslegung von § 32 Abs. 2 VerfO-LKA/B nach der amtlichen Begründung (Beilage 28 der X. Evangelischen Landessynode vom November 1988, S. 1019) die Bestimmungen über die Wiederaufnahme des Verfahrens in den Gerichtsordnungen herangezogen werden können. Dies bedeutet keine strenge Bindung an diese Gerichtsordnungen, insbesondere was die dort genannten Ausschlussfristen angeht, die Regelungsinhalte können jedoch als Auslegungshilfe dienen.
Nichtigkeitsgründe nach § 579 Abs. 1 ZPO sind dann gegeben, wenn das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war (Nr. 1), wenn ein Richter bei der Entscheidung mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes ausgeschlossen war, sofern nicht dieses Hindernis mittels eines Ablehnungsgesuchs oder eines Rechtsmittels ohne Erfolg geltend gemacht ist (Nr. 2), wenn bei der Entscheidung ein Richter mitgewirkt hat, obgleich er wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt und das Ablehnungsgesuch für begründet erklärt war (Nr. 3), wenn eine Partei in dem Verfahren nicht nach Vorschrift der Gesetze vertreten war, sofern sie nicht die Prozessführung ausdrücklich oder stillschweigend genehmigt hat (Nr. 4). Es muss sich also insoweit um schwere oder schwerste Verfahrensverstöße handeln. Im Hinblick auf den im vorliegenden Verfahren maßgeblichen Beschluss des Landeskirchenausschusses vom 5. Oktober 1994 gibt es auch nicht den geringsten Anhaltspunkt für das Vorliegen einer der Tatbestände des § 579 Abs. 1 ZPO. Es sind aber auch keine anderen – möglicherweise ungeschriebenen – Verfahrensmängel entsprechend gravierender Art ersichtlich.
Auch sind nach Auffassung des Gerichts keine Tatsachen im Sinne von § 32 Abs. 2 VerfO-LKA/B bekannt geworden, die ein Festhalten an der ersten Entscheidung, dem Beschluss vom 5. Oktober 1994, als grob unbillig erscheinen lassen.
Tatsachen dieser Art können nur solche sein, die geeignet sind, die Grundlage und den Inhalt der getroffenen Entscheidung des Landeskirchenausschusses als fehlerhaft erscheinen zu lassen. Insoweit setzt die Vorschrift eine Kausalität zwischen der ursprünglichen Nichtkenntnis der erst nach der Entscheidung bekannt gewordenen Tatsachen und dem Inhalt der damaligen Entscheidung voraus. Ein solcher Tatbestand ist jedenfalls dann nicht gegeben, wenn sich aus der strittigen Entscheidung – hier aus dem Beschluss des Landeskirchenausschusses vom 5. Oktober 1994 – keine Anhaltspunkte dafür entnehmen lassen, dass die nunmehr vorgetragenen Umstände bzw. deren Nichtkenntnis kausal für die getroffene Entscheidung waren.
Ferner ist zu berücksichtigen, dass das Gericht bei seiner Entscheidung den grundsätzlichen rechtlichen Ausgangspunkt des Beschwerdeausschusses, das dem Beschluss zugrundeliegende Verständnis des einschlägigen Rechts unabhängig vom konkreten Fall, nicht überprüfen darf. Denn das Wiederaufnahmeverfahren stellt kein Rechtsmittelverfahren dar. Entscheidend ist allein ob sich vor dem Hintergrund des Rechtsstandpunkts des Landeskirchenausschusses die von diesem getroffene Entscheidung unter Berücksichtigung der fraglichen Wiederaufnahmegründe als grob unbillig erweist.
Nach Maßgabe dieser rechtlichen Erwägungen bedarf es im vorliegenden Verfahren keiner Definition der groben Unbilligkeit im Sinne von § 32 Abs. 2 VerfO-LKA/B. Denn das Wiederaufnahmebegehren scheitert vorliegend bereits daran, dass keine Tatsachen im Sinne der Vorschrift vorgetragen wurden oder sonst ersichtlich sind.
Dem hier maßgeblichen Beschluss vom 5. Oktober 1994 liegt ausgehend von § 57 Abs. 2 Nr. 2 Württ. Pfarrergesetz die Auffassung zugrunde, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen dieser Vorschrift gegeben sind. Zitiert werden in diesem Kontext dann die og. Beschlüsse des Kirchengemeinderats und des Besetzungsgremiums vom 21. April 1994 und 3. Mai 1994, in denen übereinstimmend festgestellt worden sei, dass eine Vertrauensbasis zwischen Kirchengemeinderat / Besetzungsgremium und dem Kläger nicht mehr gegeben sei und eine weitere Zusammenarbeit mit ihm nicht mehr möglich erscheine. Nichts weise darauf hin, dass die Beschlüsse leichtfertig oder übereilt getroffen worden seien. Endgültig zerbrochen sei die Vertrauensbasis, nachdem der Kläger am 24. April 1994 den in nicht öffentlicher Sitzung gefassten Beschluss des Kirchengemeinderats Konfirmandeneltern bekannt geben und damit eine Kampagne in der Presse – zum Teil auch in Rundfunk und Fernsehen – ausgelöst habe, an der er sich rege beteiligt habe. Der Entscheidung des Landeskirchenausschusses sei folglich die Unmöglichkeit weiterer Zusammenarbeit wegen Vertrauensverlustes zu Grunde zu legen. Geprüft worden sei ferner, ob die genannten Beschlüsse willkürlich gefasst worden seien, oder ob sie auf nachvollziehbaren und einsichtigen Gründen beruhten. In diesem Zusammenhang wird auf das Vorbringen und die Anhörung der Beteiligten, den Inhalt der beigezogenen Akten sowie die Vernehmung von zwei kirchlichen Mitarbeitern als Zeugen eingegangen. Die so gewonnenen Erkenntnisse werden dann im Einzelnen referiert. Zusammenfassend wird ausgeführt, diese Angaben und die nicht bestreitbaren Unterlagen ergäben ernsthafte Spannungen zwischen dem Kläger und dem Kirchengemeinderat seit – zumindest – April 1993. Dreimal sei Tagesordnungspunkt einer Sitzung des Kirchengemeinderats oder einer Anschlusssitzung die Zusammenarbeit zwischen Kirchengemeinderat und Kläger gewesen. Auch dies wird dann im Folgenden weiter vertieft. Diese Ausführungen - so heißt es dann im Beschluss - ließen zur Genüge erkennen, dass der Kirchengemeinderat und das Besetzungsgremium die Feststellung, eine Vertrauensbasis zum Kläger sei nicht mehr gegeben, nicht willkürlich getroffen hätten. Weiter heißt es, auf weitere Einzelheiten brauche nicht eingegangen zu werden, sie waren und seien nicht entscheidungserheblich. So könne dahinstehen, wie sich ein Vorfall im Zusammenhang mit einem Hausverbot im Einzelnen abgespielt habe, ob dem Kläger von einem Mitglied des Kirchengemeinderats vorgeworfen worden sei, er verführe die Jugend, ob er von einem Kirchengemeinderat als krank bezeichnet worden sei, welchen Einfluss auf die Beschlüsse des Kirchengemeinderats und des Besetzungsgremiums der Dekan ausgeübt habe, ob der Dekan es an Fürsorge gegenüber dem Kläger habe mangeln lassen, ob bei der Stimmabgabe einzelner Kirchengemeinderräte die kirchliche Trauung religionsverschiedener Ehepaare durch den Kläger eine Rolle gespielt habe etc. Hingewiesen wurde noch auf weiteres Verhalten des Klägers nach dem 21. April 1994 und festgestellt, dass der Kirchengemeinderat aufgrund des zerrütteten Vertrauensverhältnisses nicht mehr bereit sei, mit dem Kläger zusammenzuarbeiten. Die Gründe des Kirchengemeinderats seien nachvollziehbar und hinreichend. Die Stellung des Klägers in der C.-Gemeinde sei damit unhaltbar geworden im Sinne von § 57 Abs. 2 Nr. 2 Württ. Pfarrergesetz; „der Bf. muss die C.-Gemeinde verlassen“. Auch die weitere Voraussetzung der Versetzung in den Wartestand liege vor, der Kläger sei derzeit zu einem Dienst in einer anderen Gemeinde nicht bereit. Die Versetzung in den Wartestand sei damit unvermeidbar gewesen.
Nach allem ist dem Beschluss vom 5. Oktober 1994 zu entnehmen, dass der Landeskirchenausschuss den konkreten Fall der Auffassung war, dass der Kläger zwingend in den Wartestand zu versetzen war, nachdem die Voraussetzungen des § 57 Abs. 2 Nr. 2 Württ. Pfarrergesetz gegeben waren. Vor diesem rechtlichen Hintergrund lassen die vom Kläger vorgetragenen Umstände die getroffene Entscheidung nicht als grob unbillig erscheinen. Die vom Kläger vorgetragenen Umstände waren und sind nicht von Relevanz für die im fraglichen Beschluss getroffene Entscheidung.
So enthält der Beschluss keinerlei Hinweise auf den vom Kläger erwähnten Visitationsbericht oder gar auf Anmerkungen auf dem Deckblatt zum Visitationsbericht. Der Visitationsbericht nebst Deckblatt findet im Beschluss an keiner Stelle Erwähnung, weshalb dahinstehen kann, ob Prälatin M. den Kläger im März 1993 auf den Bericht hätte ansprechen sollen oder gar müssen. Im Übrigen ging es bei diesem Gespräch – so war den Angaben des Klägers in der mündlichen Verhandlung zu entnehmen – offenbar um ein Kennenlernen von Prälatin M. und einer Gruppe von Pfarrern. Von daher dürfte dieser Anlass bereits im Hinblick auf die Wahrung des Persönlichkeitsschutzes des Klägers in jeder Hinsicht ungeeignet für einen Hinweis auf einen kritischen Visitationsbericht gewesen sein.
Gleichermaßen irrelevant für die hier maßgebliche Entscheidung war und ist auch die Frage, weshalb den damaligen Landesbischof ein Schreiben des Klägers in der Sache L. vom 20. Oktober 1993 nicht erreicht hatte. Bereits die Behauptung des Klägers, das Schreiben sei von Mitarbeitern des Oberkirchenrats absichtlich „umgeleitet“ worden, hat sich in der mündlichen Verhandlung als bloße Unterstellung erwiesen. Vielmehr war feststellbar, dass das Schreiben jedenfalls das Bischofsbüro erreicht hatte. Im Übrigen hatte auch weder dieses Schreiben noch die Kenntnis oder Nichtkenntnis des Bischofs von diesem für die Entscheidung des Landeskirchenausschusses eine Rolle gespielt. Im Beschluss (S. 12) wird zwar der Name von Frau L. erwähnt, dies aber ausschließlich zur Illustration des Verhältnisses zwischen dem Kläger und dem Kirchengemeinderat. Der Kläger habe bei einer Sitzung am 22. April 1994 unter Abweichung von der Tagesordnung dem Kirchengemeinderat „zugemutet“, Beschwerde zu Gunsten von Frau L. einzulegen; darüber sei es zu Auseinandersetzungen gekommen. Der Kläger habe selbst vorgetragen, ein Kirchengemeinderat habe erklärt, dass er sich überfordert fühle und darum bitte, Dinge rechtzeitig vorzutragen, damit sie gut vorbereitet seien.
Nur am Rande sei erwähnt, dass das Gericht dem Kläger auch nicht in der Bewertung folgen kann, es habe sich bei dem Schreiben vom 20. Oktober 1993 um einen allgemeinen Hilferuf an den Bischof als „obersten Visitator“ gehandelt, er habe ein Gespräch mit dem Bischof „über seine Situation“ herbeiführen wollen. Solches entspricht nämlich objektiv nicht dem Inhalt des Schreibens, vielmehr ging es ausschließlich um die Stellung von Frau L. So formuliert der Kläger dort u. a.: „Helfen Sie mir doch, weil es nicht richtig ist, in diesem Fall zu schweigen und tatenlos zu bleiben. Ich appelliere an Sie, weil Sie ‚Seelsorger der Seelsorger’ sind und weil Sie der eigentliche Vorsitzende des Landeskirchenausschusses in Beschwerdesachen sind“. Konkret ging es dem Kläger also um den Einsatz für Frau L. und nicht um seine eigene Situation. In dieser Sache hatte der Kläger im Übrigen auch den Beschwerdeausschuss – erfolglos – angerufen (LKA/B – 06/1993).
Auch der Hinweis auf den nun aussagebereiten Zeugen H., der bekunden werde, dass ein Mitglied des Kirchengemeinderats – Herr K. – schon lange vor dem Kläger die Presse informiert habe, stellt keine Tatsache in oben beschriebenem Sinne dar. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob der Kläger mit diesem Vortrag nicht schon deshalb ausgeschlossen ist, weil er bereits im ersten Wiederaufnahmeverfahren (LKA/B – 01/1997) vorgetragen hatte, dass ein Mitglied des Kirchengemeinderats die aufschäumende öffentliche Reaktion bewusst provoziert habe, und bereits in dem dieses Verfahren abschließenden Beschluss vom 13. Juni 1997 festgestellt worden ist, dass hierin kein Wiederaufnahmegrund zu sehen ist. Denn jedenfalls war allein der Umstand, dass die Presse über den Konflikt des Klägers mit dem Kirchengemeinderat berichtet hat, keine tragende Erwägung in dem hier fraglichen Beschluss vom 5. Oktober 1994. Auf Presseveröffentlichungen wird in dem Beschluss zwar auf Seite 11 eingegangen, wo es heißt, endgültig zerbrochen sei die Vertrauensbasis, nachdem der Kläger am 24. April 1994 den in nichtöffentlicher Sitzung gefassten Beschluss des Kirchengemeinderats Konfirmandeneltern bekannt gegeben und damit eine Kampagne in der Presse – zum Teil auch in Rundfunk und Fernsehen – im Wesentlichen „pro Bf. und contra Kirchengemeinderat, Dekan und Kirchenleitung“ ausgelöst habe, an der er sich rege beteiligt habe. Als vertrauenszerstörend wird also die Art und Weise bewertet, wie der Kläger die Öffentlichkeit gesucht und sich dort geäußert hat. Diese Wertung ist für das Gericht nachvollziehbar. Zwar mag es bereits vor dem Beschluss des Kirchengemeinderats vom 21. April 1994 Berichte in der Presse über die C.-Gemeinde und die Situation der Gemeindeleitung gegeben haben, anhand der bei den Personalakten in Kopie befindlichen Zeitungsausschnitte kann jedoch die Wertung des Landeskirchenausschusses, es sei eine Kampagne ausgelöst worden, plausibel nachvollzogen werden. Denn erst nach dem Beschluss des Kirchengemeinderats ist ausweislich der Akten eine intensive Beschäftigung der Öffentlichkeit mit den Auseinandersetzungen in der C.-Gemeinde – sei es in Form von Presseartikeln, sei es in Form von Leserbriefen und einem Beitrag im Rundfunk – in Gang gekommen. Auch im Hinblick auf die in den Artikeln zum Teil wörtlich zitierten Äußerungen des Klägers ist die Wertung der intensiven Presseberichterstattung als „Kampagne" durch den Landeskirchenausschuss nicht gänzlich fernliegend. Dies zeigt bereits der in unmittelbarem Zusammenhang mit der Bekanntgabe des Beschlusses des Kirchengemeinderats durch den Kläger – dies war am Sonntag, 24. April 1994 – am Dienstag, dem 26. April 1994, in der B. Kreiszeitung erscheinende redaktionelle Bericht, wo es bereits in der Unterzeile der Überschrift heißt „X.: Werde mit Scheinargumenten fertig gemacht“. In dem Artikel selbst wird der Kläger nochmals mit dieser Wertung wörtlich zitiert und dem Kirchengemeinderat vorgeworfen, dieser spiele ein falsches Spiel, es gehe nämlich nicht um die zu Papier gebrachten Vorwürfe. In diesem Zusammenhang erwähnte der Kläger dann offenbar im Gespräch mit dem Autor des Artikels, dass er aus den Reihen des Kirchengemeinderats als Verführer der C.-Kirchenkinder beschimpft worden sei, weil er mit seinen Konfirmanden sowohl die jüdische Synagoge in Stuttgart wie auch das ehemalige israelitische Waisenhaus in Esslingen besichtigt habe. Weiter wird in dem Artikel davon berichtet, der Kläger habe ein christlich-moslemisches Paar getraut, was laut württembergischer Trauagenda gar nicht zulässig sei. In einem Interview mit der S. Zeitung, das dort am 13. Mai 1994 erschienen ist, wird der Kläger ferner mit der Aussage zitiert: „Das ist Mobbing in der Kirche“.
Auch wenn der Redakteur H. damit heute – wie von Klägerseite vorgetragen – bekunden sollte, dass seine Redaktion von dritter Seite - etwa einem Mitglied des Kirchengemeinderats - Informationen über das Verhältnis des Klägers zum Kirchengemeinderat erhalten hatte, stellte dies keine Tatsache im Sinne von § 32 Abs. 2 VerfO-LKA/B dar. Denn für den Beschluss des Landeskirchenausschusses, mit dem er die Ungedeihlichkeit des Klägers auf der bisherigen Pfarrstelle feststellte, kam es nicht entscheidend darauf an, wer Informationen aus dem Kirchengemeinderat an die Presse gegeben hatte, sondern in welcher Weise der Kläger die Presse instrumentalisiert hatte, um seine Sicht der Dinge zu verbreiten und damit den Graben zum Kirchengemeinderat, der durch Vorgänge entstanden war, die nichts mit Presseveröffentlichungen zu tun hatten, noch zu vertiefen.
Aus demselben Grunde, mangels Entscheidungserheblichkeit nämlich, kam auch die von Klägerseite in der mündlichen Verhandlung angeregte Vernehmung des Herrn H. zu der Frage, „dass von dritter Seite vertrauliche Informationen an die Redaktion der B. Kreiszeitung gegeben wurden, die dem Ansehen von Pfarrer X. in der Öffentlichkeit bei Weitergabe schadeten, zu einem Zeitpunkt (ca. ein 1/2 Jahr) bevor die Entscheidung des Besetzungsgremiums (3.5.1994) getroffen wurde“, nicht in Betracht. Im Übrigen handelt es sich bei dieser Beweisanregung ihrem Inhalt nach um einen unzulässigen so genannten Ausforschungsbeweis, weil das Beweisthema, nämlich die Tatsache, die unter Beweis gestellt werden soll, nicht konkret nach Inhalt, Zeitpunkt und Person des Informanten benannt wird, sondern erst durch die Befragung des Zeugen ermittelt werden soll. Abgesehen hiervon sind auch Wertungen, die die in Frage stehenden Beweisanregung impliziert, nämlich ob eine bestimmte Information dem Ansehen des Klägers geschadet hat, einem Beweis nicht zugänglich. Im Übrigen ist ergänzend darauf hinzuweisen, das es für die Entscheidung des Landeskirchenausschusses nicht ausschlaggebend war, dass „das Ansehen des Klägers in der Öffentlichkeit“ von dritter Seite gezielt beschädigt worden ist, vielmehr ging es ausschließlich um die Feststellung der Erschütterung des Vertrauensverhältnisses zwischen Kläger und Kirchengemeinderat, also um einen kirchengemeindeinternen Vorgang, wobei der Landeskirchenausschuss der Auffassung war, dass dieses Zerwürfnis unter anderem durch die – auch nach Ansicht des Landeskirchenausschusses unzutreffenden – Äußerungen des Klägers in der Öffentlichkeit zu den Gründen des Beschlusses des Kirchengemeinderats vom 24. April 1994 herbeigeführt wurden.
Da somit Presseveröffentlichungen als solche – wie bereits mehrfach erwähnt – für die Entscheidung über das Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 57 Abs. 2 Nr. 2 Württ. Pfarrergesetz nicht maßgeblich waren, dürften auch die nunmehr mit Schriftsatz vom 3. August 2007 geltend gemachten Umstände keine Tatsachen im Sinne von § 32 Abs. 2 VerfO-LKA/B darstellen. Darüber hinaus werden in diesem Schriftsatz Veröffentlichungen genannt, die erst nach Ergehen des Beschlusses des Landeskirchenausschusses vom 5. Oktober 1994 erschienen sind und schon deshalb keinerlei Einfluss auf die hier maßgebliche Entscheidung des Landeskirchenausschusses haben konnten. Dies sei nur am Rande und nicht als tragende Erwägung der vorliegend bereits am 19. Juli 2007 getroffene Entscheidung erwähnt.
Nach allem liegen die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme des Verfahrens LKA/B – 12/1994 nicht vor, weshalb die Klage mit der Kostenfolge aus § 89 Abs. 1 KVwGG abzuweisen war.
gez. Müller
gez. Eiche
gez. Wähling
gez. Dieterle
gez. Dr. Deuschle
#

Beschluss
vom 20. November 2007

Der Streitwert wird gemäß § 97 Abs. 1 KVwGG i.V.m. § 52 Abs. 2 GKG auf
5.000,-- €
festgesetzt.
gez. Müller
gez. Eiche
gez. Wähling
gez. Dieterle
gez. Dr. Deuschle