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Kirchengericht:Verwaltungsgericht der Evangelischen Landeskirche in Württemberg
Entscheidungsform:Urteil
Datum:11.07.2008
Aktenzeichen:VG 05/07
Rechtsgrundlage:§ 9 Abs. 2 Ziff. 6 KVwGG; § 10 Abs. 4, 5 KVwGG; § 19 Pfarrerbesoldungsgesetz
Vorinstanzen:keine
Schlagworte:Dienstwohnungsausgleich, Feststellungsklage - Subsidiarität, Rechtsweg, Vermögensrechtlicher Anspruch

Leitsatz

und Urteil des Verwaltungsgerichts
der Evangelischen Landeskirche in Württemberg
vom 11. Juli 2008

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Leitsatz:

  1. Zur Auslegung des Begriffs der vermögensrechtlichen Ansprüche in § 9 Abs. 2 Ziff. 6 KVwGG.
  2. Die Subsidiarität einer Feststellungsklage mit dem Ziel der Klärung und Auslegung kirchlichen Rechts steht ihrer Zulässigkeit in einem Verfahren vor dem kirchlichen Verwaltungsgericht nicht generell entgegen, auch wenn die Möglichkeit einer Leistungsklage vor einem staatlichen Gericht besteht.
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Az: VG 05/07
In der Verwaltungsrechtssache
Pfarrerin …..
prozessbevollmächtigt:
.....
– Klägerin –
gegen
Evang. Landeskirche in Württemberg,
vertreten durch den Evang. Oberkirchenrat,
dieser vertreten durch die Direktorin im Oberkirchenrat,
Frau Oberkirchenrätin Rupp,
Gänsheidestraße 4, 70184 Stuttgart
– Beklagte –
wegen
Dienstwohnungsausgleich
hat das Verwaltungsgericht der Evangelischen Landeskirche in Württemberg durch
den Richter am Verwaltungsgericht i. R. Dipl.-Theol. Rainer E. Müller als Vorsitzenden
den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgericht Dieter Eiche als Mitglied mit der Befähigung zum Richteramt
die Dekanin Wiebke Wähling als ordiniertes Mitglied
die Pfarrerin Monika Renninger als ordiniertes Mitglied
den Rechtsanwalt Dr. Dieter Deuschle als nichtordiniertes Mitglied
aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 11. Juli 2008 für Recht erkannt:
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Tenor:

Soweit die Klage zurückgenommen worden ist, wird das Verfahren eingestellt.
Es wird festgestellt, dass das Grundgehalt der Klägerin für die Zeit September 2004 bis 6. September 2007 nicht um den Dienstwohnungsausgleich vermindert wird.
Die Kosten des Verfahrens tragen die Beteiligten je zur Hälfte.
Der Streitwert wird auf 10.017,72 Euro festgesetzt.
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Tatbestand:

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Die im Jahr 1966 geborene Klägerin hatte im unständigen Pfarrdienst der Evangelischen Landeskirche in Württemberg in der Zeit von März 1997 bis Januar 2001 einen Dienstauftrag in Stellenteilung mit ihrem Ehemann versehen. Vom 1. Februar 2001 bis 26. Februar 2003 befand sie sich im Erziehungsurlaub und war anschließend vom 27. Februar 2003 bis 31. August 2004 aus persönlichen Gründen beurlaubt.
Mit Wirkung vom 1. September 2004 erhielt die Klägerin einen Dienstauftrag im Umfang von 50 v. H. als Pfarrerin auf Dienstaushilfe beim Schuldekan in C. mit einem Unterrichtsauftrag in evangelischer Religionslehre. Die Klägerin wurde nicht zur Erreichbarkeit und auch nicht zum Beziehen einer Dienstwohnung verpflichtet. In den Akten ist vermerkt, dass die Klägerin in der Dienstwohnung des Ehemannes wohnte. Der zunächst bis zum 31. August 2005 befristete Dienstauftrag beim Schuldekan wurde bis 31. August 2006 und anschließend bis zum Ablauf des 14. September 2006 verlängert. Mit Wirkung vom 15. September 2006 wurde die Klägerin unter Berufung in den ständigen Pfarrdienst der Evangelischen Landeskirche in Württemberg zur Pfarrerin für evangelische Religionslehre auf eine landeskirchliche Pfarrstelle für Religionsunterricht ernannt. Mit Wirkung vom 7. September 2007 wurde die Klägerin gemäß § 52 Abs. 4 Pfarrergesetz für die Übernahme als Religionslehrerin in den Landesdienst freigestellt.
Am 19. Juli 2007 hat die Klägerin das Kirchliche Verwaltungsgericht angerufen mit dem „Ersuchen um eine verbindliche Rechtsprechung angesichts des in meinem Fall unberechtigten Einbehalts des Dienstwohnungsausgleichs“.
Zur Begründung macht sie im Wesentlichen geltend: Ihr Ehemann bekleide seit März 2001 die Pfarrstelle B. Zusammen mit ihrer Familie bewohnten sie eine an diese Pfarrstelle gebundene Dienstwohnung, für welche ihrem Ehemann ein Dienstwohnungsausgleich von monatlich 596,54 € berechnet werde. Mit Beginn ihres Dienstes im September 2004 werde ihnen nun zusätzlich für die Stelle der Klägerin noch einmal monatlich 278,27 €, also der einem 50-prozentigen Dienstauftrag entsprechende Dienstwohnungsausgleich, abgezogen, obwohl sich mit ihrer Stelle kein Anspruch auf Dienstwohnung verbinde. Auch habe sie keinen Anspruch auf ein Amtszimmer oder eine entsprechende Pauschale. Der Abzug eines zusätzlichen Dienstwohnungsausgleiches sei nicht nachvollziehbar. Von Seiten des Oberkirchenrats werde auf § 19 Abs. 3 Pfarrbesoldungsgesetz verwiesen. Diese Bestimmung könne den Abzug jedoch nicht rechtfertigen, denn sie habe keinen Dienstwohnungsanspruch, keinen Anspruch auf ein Arbeitszimmer und eine entsprechende Pauschale, sie bewohne mit ihrem Mann nach wie vor gemeinsam nur eine Dienstwohnung, für ein und dieselbe Dienstwohnung könne nicht plötzlich ein anderthalbfacher Ausgleich geltend gemacht werden. Auf ihren Hinweis, dass in einem anderen Fall das Recht anders gehandhabt worden sei, habe sie sich sagen lassen müssen, da habe die betreffende Person eben Glück – bzw. die Klägerin Pech – gehabt.
Auf entsprechenden Hinweis des Gerichtes hat die Klägerin schriftsätzlich zunächst beantragt, festzustellen, dass das Grundgehalt der Klägerin nicht um den Dienstwohnungsausgleich vermindert wird, und angegeben, die Feststellung betreffe den Zeitraum vom 1. September 2004 bis zum 6. September 2007.
Zur Begründung hat die Klägerin weiter vorgetragen: Nur ihrem Ehemann sei mittels eines förmlichen Rechtsaktes die von diesem bewohnte Dienstwohnung zur Verfügung gestellt worden. Ihr selbst sei die Wohnung weder übergeben noch herausgegeben worden. Ein Überlassen im Sinne des § 535 BGB habe zu keinem Zeitpunkt stattgefunden. Es sei nicht einmal ein Gespräch darüber geführt worden, dass die Beklagte es der Klägerin gestatte, die Dienstwohnung zu bewohnen. Sie leite ihr Recht, sich in der Dienstwohnung aufzuhalten, also nicht von der Beklagten ab. Da die Wohnung an den Ehemann der Klägerin vermietet worden sei, habe sie der Klägerin auch nicht mehr „faktisch zur Verfügung gestellt“ werden können. § 19 Abs. 2 Pfarrbesoldungsgesetz setze ausdrücklich voraus, dass dem Pfarrer eine Dienstwohnung zur Verfügung gestellt worden sei. Bei der Definition der Verfügung im Sinne dieser Bestimmung sei davon auszugehen, dass es sich um einen sachenrechtlichen Begriff handele, d. h. der Klägerin müsse die Sachherrschaft über die Wohnung durch Realakt übertragen worden sein. Hierzu trage die Beklagte nichts vor.
Die Beklagte verlange mit ihrer Bitte um Äußerung des Gerichtes zu weiteren angesprochenen Fallgestaltungen eine Rechtsberatung. Dies sei unzulässig. Sollte sich das Gericht auf dieses Begehren einlassen, werde es wegen Befangenheit abgelehnt werden.
Mit Schriftsatz vom 27. Juni 2008 hat die Klägerin zur Vorbereitung des Termins den in der mündlichen Verhandlung zu stellenden Antrag wie folgt formulieren lassen: Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin 10.017,72 € nebst 5 Prozentpunkte Zinsen über dem Basiszinssatz ….zu bezahlen.
Mit weiterem Schriftsatz vom 7. Juli 2008 hat die Klägerin mitteilen lassen, im Termin werde hilfsweise beantragt werden, zu erkennen: Es wird festgestellt, dass das Grundgehalt der Klägerin für die Zeit September 2004 bis August 2007 nicht um den Dienstwohnungsausgleich vermindert wird.
Nach Erörterung der Antragstellung in der mündlichen Verhandlung beantragt die Klägerin nur noch,
festzustellen, dass das Grundgehalt der Klägerin für die Zeit September 2004 bis 6. September 2007 nicht um den Dienstwohnungsausgleich vermindert wird.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung macht sie im Wesentlichen geltend: Der Klägerin werde gemäß § 19 Abs. 2 Pfarrbesoldungsgesetz eine freie Dienstwohnung zur Verfügung gestellt. Auf Nachfrage des Gerichtes werde mitgeteilt, dass die Dienstwohnung dem Ehemann der Klägerin und dieser selbst nur faktisch, d. h. ohne besonderen förmlichen Rechtsakt von der Kirchengemeinde B .zur Verfügung gestellt werde. Rechtsgrundlage dieser Leistung sei gegenüber dem Ehemann der Klägerin dessen Dienstwohnungsanspruch aus § 19 Abs. 1 i. V. m. mit Abs. 4 Pfarrbesoldungsgesetz. Ein entsprechender Rechtsanspruch der Klägerin bestehe dagegen nicht. Dennoch werde auch hier (faktisch dieselbe) freie Dienstwohnung von der Kirchengemeinde zur Verfügung gestellt. Angesichts dieser möglichen Konstellation nehme § 19 Abs. 2 Pfarrbesoldungsgesetz ganz bewusst nicht auf das Bestehen eines „Anspruchs auf freie Dienstwohnung“ Bezug. In der bis zum 30. Juni 1997 geltenden Fassung habe § 19 Abs. 3 Pfarrbesoldungsgesetz dementsprechend noch wie folgt formuliert: „Ist auch der Ehegatte der Pfarrerin oder des Pfarrers im kirchlichen Dienst tätig und hat Anspruch auf freie Dienstwohnung oder Mietzinsentschädigung, so erhalten beide Ehegatten gemeinsam nur eine Dienstwohnung oder Mietzinsentschädigung.“ Demnach habe eine (damals noch durch eine Konkurrenzregelung nach oben begrenzte) Mietzinsentschädigung bei Pfarrehepaaren nur dann zur Auszahlung gelangen sollen, wenn eine freie Dienstwohnung nicht zur Verfügung gestanden habe. Die zum 1. Juli 1997 in Kraft getretene Strukturreform der Pfarrbesoldung, welche die Strukturreform der staatlichen Beamtenbesoldung unter Berücksichtigung der Besonderheiten der Pfarrbesoldung habe abbilden sollen und bei welcher – entsprechend dem Verfahren beim staatlichen Ortszuschlag – die Mietzinsentschädigung in den Grundgehaltsbetrag eingearbeitet worden sei, habe nach Auffassung der Beklagten an dieser Stelle keine durchgreifende inhaltliche Veränderung beabsichtigt, vielmehr habe die bestehende Praxis weitest möglich beibehalten werden sollen. Ratio legis sei für die Beklagte in diesen Fällen die Tatsache, dass der geldwerte Vorteil der freien Dienstwohnung auch Pfarrern und Pfarrerinnen zur Verfügung stehe, die in der dem Ehegatten zustehenden Dienstwohnung wohnten und dass diesen deshalb das Surrogat hierfür (nämlich das nicht um den Betrag des Dienstwohnungsausgleichs verminderte Grundgehalt – bis 30. Juni 1977 noch eine dem früheren Ortszuschlag entsprechende Zulage namens „Mietzinsentschädigung“) nicht zustehe, da dieser Betrag wie bislang nur dann zur Auszahlung gelangen solle, wenn – wie im Bereich staatlicher Beamtenbesoldung, ganz anders als im Pfarrdienst, der Regelfall – eine Wohnung auf dem freien Wohnungsmarkt angemietet werden müsse. Mit Wirkung vom 1. Juli 1997 sei die Rechtslage allerdings insoweit verändert worden, als die bislang geltende Konkurrenzregelung bei Fehlen einer Dienstwohnung entfallen sei. Die Regelung, dass Ehepaaren der Betrag der Mietzinsentschädigung insgesamt nur einmal ausgezahlt werde, wenn keine freie Dienstwohnung zur Verfügung gestanden habe, sei ersatzlos entfallen. Dies sei als notwendige Konsequenz der Einarbeitung des Betrages des Ortszuschlages ins jeweilige Grundgehalt angesehen worden. Ein Pfarrerehepaar ohne freie Dienstwohnung erhalte somit anders als früher jeweils das dem Dienstauftrag entsprechende nicht um den Betrag des Dienstwohnungsausgleichs verminderte Grundgehalt. Ebenso sei wohl unstreitig, dass – sollten beide Ehegatten dienstwohnungsberechtigt sein – gemeinsam nach wie vor in der Regel nur eine (gemeinsame) freie Dienstwohnung zustehe, § 19 Abs. 3 Pfarrbesoldungsgesetz. Nach Auffassung der Beklagten sei deshalb bei beiden Ehegatten jeweils der Betrag des Dienstwohnungsausgleichs entsprechend dem Umfang der jeweiligen Dienstaufträge in Abzug zu bringen. Eine Besserstellung der Klägerin gegenüber einem selbst dienstwohnungsberechtigten Ehegatten scheine nicht gerechtfertigt. Aus diesem Grund erwähne § 19 Abs. 2 Pfarrbesoldungsgesetz nicht den „Anspruch auf“ freie Dienstwohnung als Bestandteil des eigenen Besoldungsanspruches, sondern lasse es genügen, dass eine freie Dienstwohnung lediglich faktisch zur Verfügung gestellt werde. Eine Verpflichtung der Klägerin zum Bezug der Dienstwohnung bestehe demgegenüber nicht. Eine andere als die bislang durchgehend praktizierte Auslegung des § 19 Abs. 2 Pfarrbesoldungsgesetz habe Auswirkungen über den hier zu entscheidenden Fall für eine unbekannte Vielzahl von mehr oder weniger ähnlichen Besoldungsfällen. Die Beklagte bitte im Rahmen der Entscheidung des vorliegenden Falles um eine Äußerung des Gerichts - gegebenenfalls in Form eines obiter dictum beziehungsweise eines Hinweises im Rahmen der mündlichen Verhandlung - zu den weiteren angesprochenen Fallgestaltungen, insbesondere, ob im Falle eines Ehepaars mit jeweils uneingeschränktem Dienstauftrag, auf welches die Bestimmung des § 19 Abs. 3 Pfarrbesoldungsgesetz Anwendung finde, nicht zu Recht in beiden Besoldungsfällen der Dienstwohnungsausgleich in voller Höhe zum Abzug gebracht werde. Im Übrigen werde auch bei dienstwohnungsberechtigten Pfarrern und Pfarrerinnen die Wohnung nicht stets durch einen förmlichen Rechtsakt zur Verfügung gestellt, dies wäre – auch angesichts der Tatsache, dass ein Unterschied zwischen Dienstherr und Wohnlastpflichtigem bestehe – unnötig verwaltungsaufwändig und formalistisch. Lediglich die „Verpflichtung zum Bezug“ einer solchen Wohnung müsse ausdrücklich ausgesprochen werden, wenn sie nicht bereits gesetzlich geregelt sei, vgl. § 35 Abs. 2 Pfarrergesetz. Eine solche Verpflichtung bestehe für die Klägerin unstreitig nicht. Bei der Bitte der Beklagten um eine gerichtliche Äußerung gehe es nicht um eine allgemeine Rechtsberatung durch das Gericht, sondern lediglich darum, die Komplexität der im konkreten Fall streitbefangenen Vorschrift in den Blick zu rücken und eine umfassende Klärung der Bedeutung eben dieser streitbefangenen Norm zu erhalten, so dass künftige Verfahren vermieden werden könnten. Die Bitte der Beklagten könne auf die Bitte um möglichst eingehende Begründung der zu treffenden Entscheidung reduziert werden.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze und die von der Beklagten vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.
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Gründe:

Die Klägerin hat ihre Leistungsklage in der mündlichen Verhandlung nicht mehr weiter verfolgt. Nach Rücknahme dieser Klage ist das Verfahren insoweit gemäß § 51 Abs. 3 Kirchliches Verwaltungsgerichtsgesetz - KVwGG - einzustellen.
Die Feststellungsklage (§ 10 Absatz 4 KVwGG) ist jedoch zulässig und begründet.
Insoweit ist der Rechtsweg zum kirchlichen Verwaltungsgericht eröffnet. Zwar entscheidet das Verwaltungsgericht, soweit nicht ein Kirchengesetz etwas anderes bestimmt, gemäß § 9 Absatz 2 Ziffer 6 KVwGG. nicht über vermögensrechtliche Ansprüche aus einem kirchlichen Dienstverhältnis. Dieser Ausschluss erfasst jedoch nicht die hier erhobene Feststellungsklage.
Nach staatlichem Verfassungsrecht sind vermögensrechtliche Streitigkeiten nicht von vornherein der Zuständigkeit kirchlicher Gerichte entzogen (vgl. hierzu und zum folgenden auch die Rechtswegentscheidung des Verfassungs- und Verwaltungsgerichts der VELKD Hannover vom 18.12.2000 - RVG 4/99, ZevKR 46, 203-215). Das kirchliche Recht der Evangelischen Landeskirche in Württemberg verweist mit § 43 Absatz 3 Pfarrergesetz (und § 15 Kirchenbeamtenausführungsgesetz) - entsprechend der oben angeführten Ausnahmeregelung des § 9 KVwGG - nur das Verfolgen vermögensrechtlicher Ansprüche im eigentlichen Sinne in den staatlichen Rechtsweg. Der ursprünglich der Landessynode vorgelegte Gesetzesentwurf des Oberkirchenrates (12. Evangelische Landessynode, Beilage 63) sah zunächst vor, dass das Verwaltungsgericht nicht über "vermögensrechtliche Streitigkeiten aus einem kirchlichen Dienstverhältnis" entscheidet. Im Gesetzgebungsverfahren ist der Begriff "vermögensrechtliche Streitigkeiten" bewusst durch den engeren Begriff „vermögensrechtliche Ansprüche“ ersetzt worden (12. Evangelische Landessynode, Beilage 79, und Protokoll der 51. Sitzung, Seite 2118 f.). Für die Vermögensabwicklung, wenn es also eines ausdrücklichen Leistungsbefehls und gegebenenfalls eines Vollstreckungstitels bedarf, muss erforderlichenfalls der staatliche Rechtsweg beschritten werden. Für die verbindliche Auslegung des kirchlichen Rechts und die Feststellung eines daraus folgenden Rechtsverhältnisses, wird hingegen der kirchliche Rechtsweg nicht versagt.
Die Feststellungsklage ist auch sonst zulässig.
Zwar kann gemäß § 10 Absatz 5 KVwGG eine Feststellung nicht begehrt werden, soweit die Klägerin oder der Kläger ihre beziehungsweise seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können.
Aus dem Zweck dieser Subsidiaritätsregel ergibt sich aber die Einschränkung, dass die Feststellungsklage danach nur dann nicht zulässig ist, wenn ein Kläger den damit verfolgten Zweck mit einer Gestaltungsklage (insbesondere einer Anfechtungsklage), einer Verpflichtungsklage oder einer allgemeinen Leistungsklage „ebenso gut oder besser“ verfolgen kann oder verfolgen hätte können (wie Kopp, Verwaltungsgerichtsordnung, 13. Aufl. 2003, § 43, Nummer 26). Denn die Subsidiaritätsregel soll unnötige Feststellungsklagen verhindern, wenn für die Rechtsverfolgung unmittelbarere, sachnähere und wirksamere Verfahren zur Verfügung stehen. Insbesondere soll vermieden werden, dass die für Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen vorgeschriebenen Sonderregelungen unterlaufen werden, und dass ein Kläger das Gericht unter Umständen ein zweites Mal mit einer Streitsache befassen muss, wenn der Beklagte nicht freiwillig bereit ist, aus der festgestellten Rechtslage die gebotenen Folgerungen zu ziehen (wie Kopp, a.a.O.).
Demzufolge hindert hier die Möglichkeit der Erhebung einer Leistungsklage im staatlichen Rechtsweg nicht die Zulässigkeit des Feststellungsbegehrens beim kirchlichen Gericht. Es kann davon ausgegangen werden, dass die Beklagte schon einer verbindlichen Feststellung durch das kirchliche Gericht Folge leisten wird, ohne dass es zusätzlich eines ausdrücklichen Leistungsbefehls oder gar eines Vollstreckungstitels bedarf. Es sind hier auch keine Verwaltungsakte ergangen, so dass keine Gefahr besteht, dass mit einer Feststellungsklage die Einhaltung besonderer Fristen unterlaufen werden soll. Vor allem aber steht für die verbindliche Auslegung kirchlichen Rechts gerade mit dem kirchlichen Verwaltungsgerichtsverfahren selbst ein sachnäheres Verfahren zur Verfügung. Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass Dienstwohnungsrecht, Residenzpflicht und Besoldung Teil eines Gesamtsystems darstellen (vgl. 13. Evangelische Landessynode, Protokoll der 52. Sitzung, Seite 2208, wo im Übrigen eine genauere Überprüfung dieses Gesamtsystems empfohlen worden ist). Das erkennende Gericht hat beispielsweise mit Urteil vom 19.03. 2004 – VG 08/03 - über ein Verpflichtungsbegehren entschieden, den Kläger ohne Verminderung des Grundgehalts um den Dienstwohnungsausgleich für eine bestimmte Dauer von der Residenzpflicht zu befreien.
Die Feststellungsklage ist auch begründet.
§ 19 Pfarrbesoldungsgesetz enthält folgende Regelungen:
( 1 ) Pfarrerinnen und Pfarrer, die verpflichtet sind, in ihrem Dienstbereich in angemessener Frist erreichbar zu sein (§§ 33 Abs. 1, 35 Abs. 2 Württ. Pfarrergesetz), haben in der Regel Anspruch auf eine freie Dienstwohnung.
( 2 ) Bei Pfarrerinnen und Pfarrern, denen eine Dienstwohnung zur Verfügung gestellt wird, vermindert sich das Grundgehalt um den Dienstwohnungsausgleich. Dies gilt auch, wenn die Pfarrerin oder der Pfarrer aus persönlichen Gründen gemäß § 33 Abs. 2 Württ. Pfarrergesetz von der Verpflichtung befreit ist, in der für sie oder ihn bestimmten Dienstwohnung zu wohnen. Das Nähere wird durch eine Verordnung geregelt, die der Mitwirkung des Ständigen Ausschusses nach § 39 Abs. 1 der Kirchenverfassung bedarf.
( 3 ) Ist auch der Ehegatte der Pfarrerin oder des Pfarrers im kirchlichen Dienst tätig und hat Anspruch auf freie Dienstwohnung, so erhalten beide Ehegatten gemeinsam in der Regel nur eine Dienstwohnung.
( 4 ) Trägt die Kirchengemeinde die Wohnungslast, so ist sie zur Erfüllung der Ansprüche aus den Absätzen 1 und 3 verpflichtet. Der Oberkirchenrat kann die Kirchengemeinde auf Antrag des Kirchengemeinderats im Benehmen mit dem Visitator von der Verpflichtung, eine Dienstwohnung zur Verfügung zu stellen, befreien; eine Befreiung von dieser Verpflichtung ist in der Regel nur bei Pfarrerinnen und Pfarrern mit eingeschränktem Dienstauftrag ohne Vorsitz im Kirchengemeinderat (§§ 23, 24 Kirchengemeindeordnung) möglich. Wird eine Dienstwohnung nicht zur Verfügung gestellt, erstattet die Kirchengemeinde der Landeskirche den Betrag, der dem jeweiligen Dienstwohnungsausgleich entspricht. Sätze 1 bis 3 gelten für andere Träger der Wohnungslast entsprechend.
Bei der Klägerin vermindert sich danach für die Zeit von September 2004 bis zum 6. September 2007 das Grundgehalt nicht um den Dienstwohnungsausgleich.
Die Beklagte weist zwar zu Recht darauf hin, dass die Grundgehaltsminderung nicht die Folge eines Anspruchs auf eine freie Dienstwohnung ist, sondern dann eingreift, wenn eine Dienstwohnung zur Verfügung gestellt wird. Der Sinn dieser Regelung ist aber bei einer systematischen Zusammenschau genau der, dass nicht schon der Anspruch auf eine freie Dienstwohnung selbst, sondern erst dessen Erfüllung - zu der im Übrigen gemäß § 19 Absatz 4 Pfarrbesoldungsgesetz auch eine wohnlastpflichtige Kirchengemeinde verpflichtet sein kann - zu einer Grundgehaltsminderung führen soll. Deshalb hat auch eine nach § 19 Absatz 4 Pfarrbesoldungsgesetz befreite Kirchengemeinde der Landeskirche, die dann ungeminderte Besoldung gewähren muss, den Dienstwohnungsausgleichsbetrag zu erstatten.
Der Klägerin wurde keine Dienstwohnung zur Verfügung gestellt.
Sie hat als eine nicht ausdrücklich zur Erreichbarkeit und zum Beziehen einer Dienstwohnung verpflichtete Pfarrerin mit Sonderauftrag (§ 35 Absatz 2 Pfarrergesetz) schon keinen zu erfüllenden Anspruch auf eine freie Dienstwohnung. Im Übrigen hat hier die Kirchengemeinde - oder die Landeskirche - der Klägerin auch aus keinem anderen Rechtsgrund eine Wohnung zum Gebrauch als Dienstwohnung überlassen. Die Wohnung wurde der Klägerin vielmehr von ihrem Ehemann aufgrund familienrechtlicher Beziehungen zum Mitgebrauch als Familienwohnung überlassen.
Die Beklagte weist deshalb hier auch ohne Erfolg auf § 19 Absatz 3 Pfarrbesoldungsgesetz hin. Dort wird ausdrücklich nur für die Fälle, dass beide Ehegatten Anspruch auf freie Dienstwohnung haben, bestimmt, dass dieser Anspruch in der Regel durch die Überlassung einer gemeinsamen Dienstwohnung erfüllt wird. Auch auf Grund der von der Beklagten dargelegten Vorgeschichte zum Systemwechsel bei § 19 Pfarrbesoldungsgesetz ergibt sich nichts anderes. Denn auch die vorausgegangene Regelung betraf nur Pfarrersehepaare, bei denen beide Ehegatten einen Anspruch auf freie Dienstwohnung hatten.
Die von der Beklagten angesprochene Frage, in welcher Höhe die Grundgehälter von Pfarrersehepaaren, bei denen beide Ehegatten einen Anspruch auf freie Dienstwohnung haben, zu mindern sind, ist deshalb im vorliegenden Falle nicht entscheidungserheblich. Sie ist im Übrigen nicht unmittelbar im Pfarrbesoldungsgesetz geregelt, sondern in der einschlägigen Ausführungsverordnung. Diese sieht für die Berechnung des Dienstwohnungsausgleich grundsätzlich differenzierende Regelungen vor. Ob die derzeitige Regelung eine rechtlich bedenkliche Benachteiligung von Pfarrersehepaaren enthält, kann im vorliegenden Verfahren nicht weiter geprüft werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 89 Absatz 1 und 90 Absätze 1 und 2 KVwGG.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Absätze 1 und 3 GKG.